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Jäger-Infotag: Jagdplanung, ein komplexer Prozess

Der Schwyzer Wildbestand muss im Interesse von Natur, Mensch und Landwirtschaft

kontrolliert werden. Darin sind sich Jäger, Landwirte und Naturfreunde einig. Eine

professionelle Jagdplanung schützt bedrohte Tiere und vermeidet Überpopulationen. Der

Zoologe Dr. Dominik Thiel ist Leiter des Amtes für Natur, Jagd und Fischerei im Kanton St.

Gallen und bringt viel Erfahrungen in der Jagdplanung mit. Er war Gast am traditionellen

Jäger-Informationstag des Schwyzer Kantonalen Patentjägerverbandes in Rothenthurm.


Mitte Mai warten die Jägerinnen und Jäger jeweils gespannt auf die kantonalen

Jagdvorschriften. Daraus lassen sich die Abschussquoten für das Jahr festlegen, was immer

wieder zu grossen Diskussionen führt. Diese Vorschriften werden von den zuständigen

kantonalen Behörden, im Kanton Schwyz ist dies das Amt für Natur, Jagd und Fischerei,

erlassen. Ganz genau weiss natürlich niemand, wie gross der Hirsch, Reh- oder Gamsbestand

ist. Aufgrund von Zählungen, Abschusszahlen und von registriertem Fallwild können aber

recht gute Schätzungen vorgenommen werden. Für Dominik Thiel sind aber nicht nur die

geschätzten Bestände, sondern vor allem die Veränderungen innerhalb der Jahre und der

körperliche Zustand der Tiere wichtig. Daraus können spannende Rückschlüsse gemacht

werden. Eine kantonale Jagdplanung ist eine komplexe Angelegenheit.


Zoologe Dr. Dominik Thiel zu Gast bei der Schwyzer Jägerschaft

Den gemeinsamen Lebensraum teilen

Man kann sich fragen, wieso die aufwändige, jährliche Jagdplanung überhaupt nötig ist und

ob die Natur sich nicht von alleine ausgleichen würde. Das ist nicht der Fall, denn das Wild

muss seit Jahrhunderten seinen Lebensraum mit Mensch und Haustier teilen. Eine Planung

ist deshalb notwendig, wenn man vermeiden will, dass eine Wildart überhand nimmt und

eine andere verdrängt. In den letzten Jahren haben sich beispielsweise der Rothirsch und

das Reh aufgrund sehr guter Bedingungen extrem stark verbreitet. Thiel rechnet sogar, dass

sich die Bestände in nur 10 Jahren verdreifacht haben. Dies auf Kosten von Gams und

Steinwild. Diese Situation muss korrigiert werden, denn zu hohe Bestände sind ungesund für

die Tiere und verursachen Wildschäden im Wald und in der Natur. Zur Reduktion des

Hirschbestandes schlägt Thiel vor, dass die Abschussquoten bei weiblichen Tieren auf Kosten

männlicher Tiere erhöht werden. Denn fast jede Hirschkuh bringt im Frühsommer ein

weiteres Kalb auf die Welt und trägt damit zur Steigerung der Population bei. Dies mögen

viele Jägerinnen und Jäger nicht gerne sehen. Thiel kennt als Jäger aus eigener Erfahrung

den persönlichen Wert einer starken Trophäe. Der Eingriff in die weiblichen Hirschbestände

ist aber dringend notwendig. Schätzungen gehen davon aus, dass das Geschlechterverhältnis

heute beim Hirsch bei bis 1:4 zugunsten der weiblichen Tier liegt. Thiel wünscht sich, dass

sich dieses Verhältnis in den nächsten Jahren halbiert.


Bedrohte Gamsbestände

Einen gewissen Einfluss auf die Hirsch- und Rehbestände wird aus Sicht von Thiel in den

nächsten Jahren der Wolf haben. Dieser wird sich weiter ausbreiten. Persönlich ist Thiel der

Meinung, dass auch für den Wolf eine Jagdplanung nötig wäre. Denn wieso sollen für Rehe,

Gams, Hirsch etc. ideale Bestände festgelegt werden, nicht aber für den Wolf. Etwas weniger

beschäftigt Dominik Thiel die Rehpopulation. Diese würden sich immer wieder aufgrund der

Witterungsbedingungen regulieren. Ein schneereicher Winter kann die Bestände massiv

verkleinern. Hingegen macht sich Thiel Sorgen bezüglich den Gämsen. Hier muss in eine

andere Richtung eingegriffen werden. Seit Jahren gehen die Bestände zurück. Die Gründe

sind vielseitig: Krankheiten, die von Schafherden übertragen werden, Klimaveränderungen,

Störfaktor Tourismus, Nahrungskonkurrenz und teilweise jagdliche Übernutzung. Mit

tieferen Abschussquoten rechnet Thiel, dass die Situation etwas ausgeglichen werden und

man vermehrt Gämse in unseren Bergen beobachten kann.


Zusammenarbeit zwischen Jägerschaft und kantonalen Ämtern ist wichtig

Die jährliche Jagdplanung ist und bleibt wichtig. In den vergangenen Jahren haben

technische Entwicklungen (z.B. mittels Einsatz von Wärmebildkameras, Einsatz von Sonden

bei Tieren oder Wildkameras) die Jagdplanung etwas erleichtert. Dominik Thiel weiss aber,

dass für eine effiziente Jagdplanung eine kooperative Zusammenarbeit zwischen den

kantonalen Ämtern und der Jägerschaft äusserst wichtig ist.


Augustin Mettler, Schwyzer Kantonaler Patentjägerverband

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